Die Kläranlage...

...muss irgendwo zwischen Wasserhahn und Ammer liegen.

 

 

So denken die meisten, genauer liegt die Zweckverbandskläranlage im Ammertal, direkt neben der A81 auf Gültsteiner Gemarkung. 1974 schlossen sich die Gemeinden Herrenberg, Jettingen und Gäufelden zum "Zweckverband Abwasserreinigung Gäu-Ammer" zusammen. 1994 schloss sich die Gemeinde Mötzingen dem Zweckverband an.

 

Uns ist es wichtig, das Thema Abwasser für Sie etwas transparenter zu gestalten. Leider verbinden viele mit Abwasser ausschließlich etwas negatives. Abwassergebühr, Einsatzfahrzeuge der Kanalreinigung, die teilweise den Verkehrsfluss einschränken, unangenehme Gerüche, Bauwerke, die das Landschaftsbild beeinträchtigen u.v.m. Darum scheint die Abwasserreinigung nur als notwendiges Übel.

 

Weit gefehlt. Wir betreiben Tag für Tag aktiven Umweltschutz für Mensch und Natur, vom Gäu bis hin zum Meer. Die Abwasserreinigung ist heutzutage wichtiger denn je, denn sauberes Wasser ist das höchste Gut der immer größer werdenden Bevölkerung. Es ist ein aufwändiges Unterfangen geworden, das immer und überall anfallende Abwasser zu reinigen. Diesem Unterfangen kann man nur mit modernster Technik und viel Know-How entsprechen. Dazu gehört die Steuerung und Regelung einer Vielzahl an mechanischen, biologischen, chemischen und elektrotechnischen Prozessen.

 

Das Abwasser durchläuft allem voran die mechanische Reinigung in Form von Rechen, Sand und Fettfang sowie dem Vorklärbecken. In dieser ersten Stufe der Kläranlage werden unerwünschte Inhaltsstoffe durch die Trennverfahren Separierung, Flotation und Sedimentation entfernt. Weiter im Verfahrensverlauf durchläuft das Wasser die sogenannte biologische Stufe. Hier werden die im Wasser gelösten Inhaltsstoffe um- bzw abgebaut. Mit Hilfe der Bakterien und deren Enzyme, wird das fischgiftige Ammonium über das ebenso giftige Nitrit, zu Nitrat nitrifiziert. Hierfür müssen große Mengen Sauerstoff bereitgestellt werden, was den Löwenanteil des Energiebedarfs der Kläranlage ausmacht. Das entstandene Nitrat würde im öffentlichen Gewässer als Pflanzendünger dienen und es käme innerhalb kürzester Zeit zu einer Eutrophierung des Gewässers. Nitrat muss also ebenfalls eliminiert werden. Dies geschieht im sogenannten Denitrifikationsbecken, in dem ein anaerobes also sauerstoffarmes Milieu herrscht. Die zuständigen Bakterien, die Denitrifikanten werden durch den fehlenden Sauerstoff in einen Stresszustand versetzt. In der Not veratmen sie den im Nitrat chemisch gebundenen Sauerstoff. Übrig bleibt Elementarer Stickstoff, der in die Atmosphäre entweicht. Dieser ist ohnehin Hauptbestandteil unserer Atemluft und somit völlig unbedenklich.

Überschüssige Bakterien, sedimentierte Schwebstoffe und abgezogene Schwimmstoffe werden im Faulturm durch Gärung stabilisiert. Hierbei entsteht Klärgas das in unserem Blockheizkraftwerk zur Stromerzeugung genutzt wird. Nach dem Faulprozess wird der entstandene Faulschlamm zur Volumenreduktion in Kammerfilterpressen entwässert und kann thermisch verwertet werden. Sauerstoff zehrende Phosphate würden ebenfalls eine Eutrophierung begünstigen, darum ist es unbedingt notwendig diese chemisch, durch eine Fällungsreaktion zu binden, um sie so zu separieren und anschließend zu entfernen.

 

All diese Prozesse werden durch ausgefeilte Steuer- und Regeltechnik bedient. Dies war nur eine kleine Exkursion in die Abwassertechnik, hinter den Vorgängen in Kläranlagen versteckt sich jedoch noch viel mehr. Aus diesem Grund ist die Arbeit mit Abwasser nicht nur abwechslungsreich, sondern auch gleichermaßen anspruchsvoll. Anhand der nachfolgenden Ausführungen, können Sie einen kleinen Einblick in die Leistungsdaten und die Ausmaße der Kläranlage Herrenberg bekommen.

 

Die Kläranlage ist auf 80.000 Einwohnergleichwerte ausgebaut und entspricht somit der Größenklasse 4. Es handelt sich um eine 3-stufige Anlage, sie verfügt daher über eine mechanische, eine biologische und eine chemische Reinigungsstufe. Die Kläranlage ist 365 Tage im Jahr besetzt. Dem liegt zugrunde, dass Laboranalysen zur Eigenkontrolle täglich durchgeführt werden. Des Weiteren liegen im Verbandsgebiet fast 40 Außenstationen, wie Pumpwerke und Regenrückhaltebecken, die vom Kläranlagenpersonal technisch betreut und gewartet werden. So wird die einwandfreie Qualität des gereinigten Abwassers jederzeit gewährleistet. Das saubere Wasser wird der nahe gelegenen Ammer zugeführt.

 

Momentan beschäftigt der Zweckverband 8 Mitarbeiter, die sich durch ihre Berufsbilder sehr gut ergänzen. Beschäftigt sind aktuell jeweils ein Abwassermeister, Elektriker, Schlosser, Elektroniker, Mechatroniker, eine Fachkraft für Abwassertechnik, eine chemisch-technische Assistentin und eine Reinigungskraft. Ebenfalls im Stellenplan enthalten sind zwei Auszubildendenstellen für den Ausbildungsberuf "Fachkraft für Abwassertechnik".

Die Eckdaten

Trockenwetterzulauf80 - 250l/s
Regenwetterzulauf 250 - 690l/s
max. Leistung Zulaufpumpwerk1200l/s
 
Ø Jahresabwassermenge   6.500.000
Ø Schlammmenge zur Entsorgung3.000to/a
Ø Rechengut zur Kompostierung207to/a
Ø Sand zur Aufbereitung58to/a
 
Volumen Biologische Stufe11.750
Volumen Schlammfaulung 2.500
Volumen Klärgasbehälter1.500
max. Leistung Blockheizkraftwerk 500kW
 
Ø Stromverbrauch1.564.000kWh/a
Ø Eigenstromerzeugung1.004.000kWh/a